Community-Award Zum
     Forum
Zum
     Forum

http://www.dragonage-game.de/images/content/DA_Kolumne_Logo_01.png

Und die Jagd kann beginnen...

Machen wir es kurz, du hattest keine Ahnung, wie du nun schon wieder in diese Situation gekommen warst. Du wolltest doch nur deinen Job als Kurier erledigen und ein Päckchen abholen. Du dachtest es würde ums schnelle Geld gehen. Aber seien wir mal ehrlich, im Grunde hattest du gar nichts gedacht. Die Tatsache, dass das alles in der Nacht irgendwo in einem namenlosen Gebäude im Ghetto der Stadt stattfinden sollte, hätte dich durchaus auf die Idee bringen können, dass da etwas nicht stimmte. Aber wie war noch mal die gängige Ausrede: Du warst jung und brauchtest das Geld.

Nun standest du in einem Haufen bewusstloser Körper und wolltest dich gerade unauffällig davonstehlen, bevor die örtliche Polizei anrückte, als sich dir auch noch jemand in den Weg stellte. Wobei dieser Fremde noch das geringste Problem war. Da hatte schon eher der Schatten hinter ihm deine Aufmerksamkeit. Denn dieser hatte den Unbekannten mit nur einem Schlag, der verdächtig der Fünf-Punkte-Pressur-Herzexplosionstechnik aus dem Hause Kill Bill ähnelte, erledigt.

Fenris, so der Name des Schattens.

Irgendwie hattest du etwas Größeres erwartet.

Scheinbar auch der Typ, der hinter deinem zwielichtigen Zustellauftrag steckte. Du hattest kurz überlegt, ihm für diese hinterhältige Falle die Visage zu polieren, allerdings schreckte dich die Tatsache, dass er scheinbar jemanden mit nur einer Hand k.o. schlagen konnte etwas ab. Also spieltest du einfach mit.

Na ja, wenigstens entschuldigte er sich bei dir für die Falle – ansatzweise. Nicht, dass das deine Rachegelüste irgendwie gesenkt hätte, aber du hieltest dich tunlichst davon ab, auch nur ansatzweise etwas diesbezüglich zu sagen. Stattdessen ließest du dir ein Ohr abkauen über irgendeinen Master, der ihn wieder haben wollte und irgendwelche Brandings in seinen Körper tätowiert hatte. Ganz ehrlich, du hattest 50 Shades of Grey lesen müssen; das war mehr als du jemals von solchen Herr-Sklave Spielchen wissen wolltest.


Satanismus, Wicca, Bühnenzauberei – alles das gleiche

Doch noch bevor du dich unauffällig davon schleichen konntest, weihte er dich bereits in weitere diskrete Details seines Privatlebens ein, erzählte weiter von seinem Herren – aller Erklärung nach ein bekannter Satanist, der mit seinen Taten Aleister Crowley selbst vor Wonne erröten ließe.

Ohne ein weiteres Zeichen wurdest du mit deinen Kumpels auch schon in eine Villa geschleppt und durftest dich erneut einer Reiberei stellen. Dinge kaputt machen, vor allem teuer aussehende Vasen aus China, zählte sowieso zu deinen Hobbys also beschwertest du dich nicht weiter. Nur durftet ihr dann am Ende herausfinden, dass der ominöse Meister die Stadt verlassen hatte, was Fenris gar nicht zu passen schien. Und als wäre das nicht schlimm genug, beklagte er sich auch noch über deine Kampfmethoden. Frechheit. Als würdest du dich über sein lächerlich großes Messer beschweren, das er vermutlich nur mit sich rumschleppte um diverse andere Unzulänglichkeiten zu kompensieren.

War jawohl deine Entscheidung, ob du oder einer deiner Kumpels Taschenspielertricks im Kampf verwendete. Irgendwie musste man doch von sich ablenken, wenn man in der Unterzahl war, dachtest du dir und verdrehtest die Augen, als du über die Gefahren von Esoterik und Illusion – was das eine mit dem anderen zu tun hatte, weißt du bis heute nicht - aufgeklärt wurdest, als wären es eine sexuell übertragbare Krankheiten.

Himmel noch eins! Du hattest doch nur ein bisschen Mehl in eine Kerzenflamme gepustet, um für Ablenkung zu sorgen!

Du machtest dir ein internes Memo, ihn nie zu Vorstellung von Criss Angel mitzunehmen. Oder in deine Chemievorlesungen. Oder zu deinem Homöopathen. Oder in eine Apotheke. Und erst recht nicht in den Kräutergarten deiner Oma!


Harte Schale, noch härtere Nerven

Aber so ein bisschen konntest du ihm seine Abneigung gegen allem ... "Übersinnlichen" ja auch nicht direkt nachtragen. Wenn man bedachte, was sein Meister damals mit ihm getan hatte – Branding und all das. Dann durch mehrere Städte gejagt, ständig von einem Ort zum nächsten gewandert wie ein Vagabund. Seelisch und körperlich missbraucht. Und wenn immer er sprach, konntest du die Traurigkeit in seinen Augen sehen. Eigentlich wolltest du ihn nur in die Arme nehmen und trösten.

Außerdem musste er schon ein wenig einsam sein, so allein in dieser riesigen Villa, in der er sich eingenistet hatte und in der er vermutlich in Unterhose gekleidet zu Bob Segers 'Old time Rock’n Roll' Tanzschritte mit seinem Messer als Gitarre einstudierte – oder was auch immer er da allein machte. Zumindest schon mal nicht aufräumen, wie du zu jedem Besuch erneut feststellen durftest, als du die Vasen aus der Ming Dynastie wie am ersten Tag zerbrochen am Boden wiederfandest.

Also integriertest du ihn einfach in deine Gang. Mehr oder weniger. Nicht jeder war glücklich über den Neuankömmling – was auch zu Spannungen innerhalb deiner Truppe führte. Mit jedem Tag wurden deine Nerven mehr und mehr strapaziert, wenn du dich mit deinen Freunden in der Stadt trafst. Denn irgendjemand musste immer über irgendetwas motzen und meistens war Fenris genau mittendrin – aber darüber konntest du hinwegsehen. Er war menschliche Interaktionen sicherlich nicht gewohnt und dementsprechend ein sozialer Tollpatsch. Und auch das machte ihn so unglaublich liebenswürdig. Und hey, du hattest schon Schlimmeres überlebt. Dachtest du.

Auf jeden Fall war es nicht wirklich leicht dem schmollenden Knirps näher zu kommen. Mehr als einmal stellte er deine Geduld auf die Probe, wenn er erneut mit seinen Brandings anfing – manchmal glaubtest du, er hätte kein anderes Thema. Außer das eine Thema, das nicht angesprochen werden durfte: Okkultes. Landmine. Ganz böse. Am besten einfach meiden. Was du auch tatest. Aber zu diesem Zeitpunkt war dir sein mimosenhaftes Auftreten egal, denn seine traurigen Augen und seine Stimme hatten dich bereits gefangen genommen.


Geduld ist die Kunst zu hoffen

Er hatte dich wirklich lange zappeln lassen. Mehr als einmal hattest du deine Intensionen zum Ausdruck gebracht, mehr als einmal war er dir mit einem Lächeln auf den Lippen ausgewichen – ohne dir direkt einen Korb zu geben. Du warst ihm Jahre lang hinterhergelaufen, hattest keine Augen für irgendjemand anderes in deinem Umfeld gehabt – oh, und Anwärter hatte es genug gegeben. Nein, nein, es war der eine oder keiner! Brandings, Vergangenheit, Komplexe, Rumgemotze, verbale Diskriminierung deiner Freunde, nicht gehaltene Versprechen und Fünf-Punkte-Pressur-Herzexplosionstechnik beiseite.

Aber endlich – endlich – nach so langer Zeit, in der du dich mehr als einmal wie ein Stalker gefühlt hattest, wenn du sehnsüchtig vor der Villa gestanden und zu seinem Fenster hochgestarrt hattest – hattest du ihn! Na ja, zumindest für eine Nacht. Jai...

Die Seite neben dir im Bett war noch warm, als er dir eröffnete, dass das mit euch beiden doch nichts werden würde. Er hätte ja wenigstens noch die Nacht warten können, bevor er dir das Herz brach...

Am schlimmsten war aber nicht die Art, wie er dich einfach hatte sitzen lassen, sondern die Tatsache, dass scheinbar die komplett Welt von eurem One-Night-Stand wusste und irgendwie davon ausging, dass ihr wohl ein Paar wärt – was ihr nicht ward. Oder du warst die einzige Person, die es nicht wusste. Fenris verhielt sich dir gegenüber zumindest so wie immer. Saftsack. Du wünschtest dir, du hättest dir von ihm zeigen lassen, wie man jemandem das Herz rausreißt – dann hättest du es gleich an ihm ausprobieren können.

Nicht, dass du das wirklich getan hättest. Schließlich hattest du trotz allem nur Augen für ihn. Auch wenn er dich kein zweites Mal ansah. Erbärmlich. Aber scheinbar standest du darauf, so behandelt zu werden, sonst hättest du dich anderweitig umgeschaut. Nicht, dass du es nicht versucht hättest, aber wenn du auch nur irgendjemanden zu lange angeschaut hattest, brach Fenris in Eifersuchtstiraden aus, die du überhaupt nicht nachvollziehen konntest.

Dein Kopf lief auf Hochtouren. Ward ihr zusammen? Ja, nein, vielleicht, bis er seine Meinung änderte??? Und ja, die drei Fragenzeichen gehörten tatsächlich hinter dieser Frage.

Fakt war: du verharrtest seit Jahren in einem Limbozustand und wurdest wie ein Pingpongball hin und her gespielt wie es dem Knirps gerade in die Laune passte. Bis du endlich auf dessen ehemaligen Meister trafst. Natürlich standest du ihm bei. Auch wenn er dich emotional zermarterte, aber das gehörte wohl dazu. Scheinbar musste sich Liebe wie ein drehender Streitkolben mit Nägeln in deiner Brust anfühlen. Außerdem warst du äußerst hartnäckig. Du hattest bereits sechs Jahre ohne ein Versprechen und nur einem Funken Hoffnung gewartet – was waren da ein paar weitere sechs Jahre? Oder zwölf? Oder zwanzig?

Und hey, er war sogar bereit endlich mal den One-Night-Stand anzusprechen – und dir endlich mal eine klare Antwort zu geben – und zwar, dass O-Ton „nichts schlimmer war, als getrennt von dir zu sein" und dass ihn nichts mehr von dir trennen könnte.

Und für diese Worte musstest du ihm nur geschätzte acht Jahre hinterlaufen; mit keinem anderen Wesen reden, um auch ja nicht den Eindruck zu erwecken, du würdest fremd anbändeln; seine Launen ertragen und gutmütig über sein Gejammer hinwegsehen; ihm konsequent deine Liebe beteuern und beweisen; ihm Geschenke machen; ihn mit seiner verschollenen Schwester vereinen; ihm Helfen seinen Ex-Meister aus den Weg zu schaffen und versuchen einen Völkeraufstand niederzuringen!

Pfffff, wenn’s sonst nichts war.

Weiterführende Links:   geschrieben von Moku

Systemmeldung

Es ist dir nicht erlaubt Kommentare zu verfassen