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... oder wie ich lernte, die Bombe nicht zu lieben

Wenn ich meine Kolumne mit den Worten beginne „Mit Anders war alles anders“, kommt dann die Schenkelklopfer-Polizei und führt micht ab? Wie dem auch sei, ich habe diesen Kracher der Wortwitzigkeit untergebracht und zumindest meine persönliche Mission erfüllt. Der Rest muss nun folgen.

Moku und ich teilten die ganzen Romanzen unter uns auf, die es zu beschreiben gibt. Ich dachte mir, dass es wohl keine Schwierigkeit sein wird, über Alistair zu schreiben, der Schnuckelprinz. Und ich wusste, dass ich auch die passenden Worte zu Leliana und Morrigan finden würde. Bei Merrill fiel es mir schon schwer, beim Schreiben nicht beständig die Augen zu rollen. Und nun sitze ich hier, im Schweiße des Hochsommers, und allein der Gedanke an den Magier Anders lässt mich zusammenzucken. Warum das so ist? Ich sage es euch. Hier geht es um tiefen Schmerz.

Anders, oh süßer Anders,

wie schätzte ich einst deinen Witz und deinen Charme. Als treuer Begleiter folgtest du mir durch die Einöde des Landes. Und damals vergoss ich kurz eine Träne, als ich merkte, dass es zwischen uns einfach keine Zukunft geben konnte. Du warst nicht zu haben. Und bis auf einen heißen Flirt blieb nicht viel. Und so bliebst du die ewige Verlockung, die nie genascht werden durfte.

Aber hey … wie heißt es so schön: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben. Und als wir uns in diesem schmutzigen Keller-Techno-Club wieder trafen, da wusste ich, dass ich dich dieses Mal nicht so einfach würde ziehen lassen. Rrrrrr.
Also ging ich auf dich zu, tippte dich von hinten an und legte schon mal ganz sexy meine Hüfte zur Seite, um mir eine coole Haltung zu geben … und plötzlich drehtest du dich um und schriest mich einfach an! Du hast sogar so ein dämliches Leuchtstäbchen nach mit geworfen, dass du vorher noch so lustig zu den Beats gewedelt hattest. Crazy!

„Was fällt dir ein, mich so einfach von hinten anzutippen. Das hier ist mein Refugium, du Arsch!“ Etwas verschreckt vergaß ich schnell meine lockere Haltung und sprang nach hinten. „Öh... hallo Anders, schön dich zu sehen … alles klar so weit?“ Du brauchtest erst ein paar Minuten bis du mich erkanntest. Und dann warst du für einen kurzen Augenblick sogar wieder ein wenig nett.

Du warst schon immer so ein Gerechtigkeits-Freak. Immer für die gute Sache, ein wenig anarchistisch, ein wenig Rebell … welche Frau steht nicht auf so einen verwegenen Kerl. Und ich muss zugeben, dass ich da schwer nein sagen konnte. Du hieltest eine Rede über die Ungerechtigkeit und Unfreiheit die nicht weniger als zwei Stunden dauerte. Es war egal, dass deine Stimme schon ganz heiser war, weil du immer gegen die laute Musik anschreien musstest. Das war wahre Leidenschaft – und ich schmolz dahin.

Gut, es gab schon erste Anzeichen, die mich hätten stutzig machen können. Wenn du nicht gerade von der neuesten Computertechnik geredet hast, kamen da ganz merkwürdige Sachen aus deinem Mund. Du sprachst viel darüber, dass sie „überall seien“. Ich konnte dir nicht ganz folgen. Sie würden „jeden deiner Schritte überwachen“. Das konnte ich dir nicht ganz glauben. Und du sprachst von einer „großen Verschwörung“. Das fand ich etwas übertrieben. Aber ich gab dir einfach recht und nickte immer eifrig. Und so eroberte ich dein Herz im Sturm. Noch ein wenig geheuchelt: „Ja, das interessiert mich auch total sehr." Und ein: „Klar, ich bin voll der Computerfreak.“ Und schwups war ich die Frau deines Lebens.

Unser Leben war fantastisch. Wie in alten Zeiten gingen wir wieder nebeneinander durch die Gegend auf der ständigen Suche nach neuen Abenteuern. Allerdings muss ich zugeben, dass du über die Jahre wohl deinen Sinn für Humor eingebüßt hattest – gerade das, was ich immer am meisten an dir geschätzt habe. Und ich muss zugeben, dass mir deine etwas fanatischen Anwandlungen irgendwann echt auf den Sack gingen. Wirklich. Ich meine, ich hatte einfach nur mal Bock auf 'ne Cola. Und schon gab es eine Rede über die Ungerechtigkeit der Welt: „Es ist das System, was faul ist. Hör auf zu konsumieren. Sonst bist du auch nicht viel besser.“

Auch deine Aggressionsausbrüche, wenn andere mal andere Meinungen hatten, waren nicht ohne. Gut, mein Kumpel Fenris hätte dir nicht sagen müssen, dass dir und deiner Paranoia das Herz rausreißen sollte, aber war es wirklich nötig ihn mit Bierflaschen zu bewerfen? Mal ehrlich, diese Ausbrüche der Gewalt, diese endlos langen Reden darüber, was gerecht und ungerecht ist. Wie du vor lauter Monologisieren irgendwann aus Mangel an Sauerstoff zusammengebrochen bist.

Weißt du … Frau möchte auch einfach mal nur geliebt werden. Wir wollen auch mal einfach knutschen und in den Atempausen nicht darüber reden, dass DIE ja immer da sind. Und schon gar nicht wollen wir das in bestimmten intimen Situationen hören. Du verstehst?
Also … das sind ja alles wichtige Themen, versteh mich nicht falsch. Und ja, gegen Ungerechtigkeit muss vorgegangen werden. Aber es bedarf auch mal Momente der Zweisamkeit. Einfach mal ein Flugblatt weniger schreiben und dafür nur für eine Minuten knutschen … oder eine halbe?

Anders … mal ehrlich, deine guten Ziele in allen Ehren, Freiheit über alles und überhaupt … aber es gibt Grenzen.
Ich hatte mich daran gewöhnt, dass du unser gemeinsames Haus in eine Druckerpresse und Unterschlupf für alle möglichen schrägen Gestalten verwandelt hast. Ich hatte mich daran gewöhnt, dass du deinen Kopf in Alufolie gehüllt hast, damit sie deine Gedanken nicht lesen konnten. Und ja, ich tolerierte auch, dass du immer wie wild auf deinem Computer rumgetippt hast und meintest, du müsstest ihn gegen Angriffe von außen schützen und wärst was Großem auf der Spur. Dabei hast du überall diese Chipskrümel hinterlassen und das beständige Klickern hat mich um den Schlaf gebracht.

Anders, Anders … gut, im Nachhinein muss ich zugeben, du hattest Recht und sie sind überall. Und sie sind wirklich mächtig, was sehr erschreckend ist.
Aber was ist mit dir? Bist du immer im Recht, nur weil du Recht hast? Was ist mit deinem Weg? Was kommt als nächstes? Willst du die Niederlassung eines Software-Riesen in die Luft sprengen? Bomben, Anders? Wann hat Gewalt jemals wirklich geholfen? Und sind alle Mittel recht, solange das Ziel stimmt?
Wie konnte es nur so weit mit dir kommen? Wer hat dir das angetan? Dass du überhaupt dran denkst! Anders, was ist nur in all den Jahren mit dir geschehen?

Ich behalte dich einfach lieber in Erinnerung, wie du mal warst, mein Geliebter. Damals hast du die Freiheit auch geliebt und Ungerechtigkeit auch gehasst, aber du selbst warst einfach freier. Heute bist du so besessen.

Es liegt nicht an mir, es liegt an dir.

Deine Lee.

Weiterführende Links:   geschrieben von Leeyara

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